Feine Sinne

Pferde sind Tiere mit feinen Sinnen. Sie wissen immer was um sie herum los ist. Für das Pferd als Fluchttier, ist das überlebenswichtig. Nur wer den Fressfeind früh genug erkennt und sein heil in der Flucht sucht, überlebt.

Ich trau dem Frieden nicht…
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Das meiste was ein Pferd wahrnimmt, bleibt uns Menschen verborgen. Darum meinen viele Reiter ihr Pferd spinnt, wenn es plötzlich einen Satz zur Seite macht oder durchgeht. Dabei war dem Pferd irgend etwas unheimlich. Ein Pferd flüchtet zuerst und dann überlegt es, ob da wirklich eine Gefahr war. Es kann sogar später an den Ort der Angst zurückkehren und das unbekannte Ding näher in Augenschein nehmen. Aber die erste Reaktion ist die Flucht.

Was liegt da denn komisches?
Bachus-neugierig

Meistens bekommen wir Menschen gar nicht mit, was dem Pferd unheimlich ist. Pferde hören besser als Menschen. Sie reagieren sehr sensibel, auf für uns unhörbare Schwingungen. Durch die beweglichen Ohren, können sie Geräusche aus jeder Richtung orten. Das leise Knacken eines Zweiges, warnt vor einem Angreifer. In der Steppe trägt der Wind so ein Geräusch sehr weit. Das Pferd muss die Gefahr früh wahrnehmen, für eine ausreichende Fluchtdistanz. Das gute Hörvermögen zeigt sich im Verhalten. Bei Sturm sind unsere beiden Rentner nervöser als sonst. Der Wind trägt viele Geräusche zu ihnen. Ich höre nur den Wind rauschen. Nur wirklich laute Geräusche, wenn z.B. ein Ast runter kommt oder ein Baum umfällt, kann ich aus dem Windgetöse heraus hören.

Die Ohren werden zum Geräusch gedreht.
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Pferde sehen anders als wir Menschen. Sie haben durch die Stellung ihrer Augen, einen beinahe Rundumblick. Direkt vor und hinter ihnen liegt aber ein toter Winkel, da sehen Pferde nichts. Deswegen sollen wir uns immer von schräg seitlich vorn einem Pferd nähern. Wenn es döst sollte man das Pferd ansprechen und schauen, ob es einen bemerkt hat. Sonst kann es sich erschrecken und durchgehen. Pferdeaugen sehen kleine Bewegungen viel besser als unsere Augen. Auch bei wenig Licht können sie Bewegungen wahr nehmen. Sie können sich auch im Dunkeln orientieren. Wenn ein Pferd grast, hat es einen Rundumblick. Das alles hilft dem Fluchttier eine Gefahr frühzeitig zu erkennen.

Beim Grasen haben Pferde einen Rundumblick.
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Pferde haben einen Blick fürs Detail. Sie kennen ihre gewohnte Umgebung ganz genau. Sie bemerken die kleinste Veränderung und reagieren darauf. Meistens erst einmal mit Flucht. Der Mensch wundert sich, weil sein Pferd panisch losstürmt, weil ihm das angstauslösende Ding gar nicht auffällt. Das kann ein ganz kleiner Gegenstand sein. Pferde sehen jede Veränderung.

Miranda hatte am Anfang vor beinahe jedem Gegenstand Angst, weil sie bei ihrem Züchter, 20 Jahre lang, keine Abwechslung hatte. Sie stand im Sommer auf einer einsam gelegenen Weide und von Oktober bis Mai, in einem geschlossenen Stall. Für sie war alles entsetzlich angstauslösend, egal was ich auf die Weide brachte.
Nachdem sich unser Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte, änderte sich das. Als Miranda sich sicher war, dass ich weiß was wir gemeinsam ohne Gefahr tun können, wurde sie neugierig. Heute kann ich mit den seltsamsten Gegenständen auf die Weide gehen. Miranda kommt interessiert zu mir, schaut sich das Teil an und schnuppert daran.

Was hast du denn da?
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Pferde haben noch einen weiteren Sinn. Mit den Hufen nehmen sie Schwingungen des Bodens wahr. So können sie spüren, wenn sich ihnen jemand nähert oder wenn andere Tier vor einer Gefahr fliehen.

Pferde nehmen mit den Hufen Erschütterungen des Bodens wahr. Hühner können das übrigens auch mit ihren Beinen.
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All das macht uns klar, dass das Pferd viel mehr von seiner Umwelt mitbekommt, als wir. Daran sollten wir denken, wenn das Pferd erschrickt oder durchgeht. Wenn wir unser Pferd gut beobachten, können wir lernen, die Welt ein bisschen mit Pferdeaugen zu sehen. Dann erkennen wir besser, was dem Pferd gerade Angst macht. Obwohl wir nie alles verstehen werden.

Der Mensch hat trotzdem einen gewissen Einfluss auf sein Pferd, wenn es erschrickt. Pferde haben eine gute Antenne für die Stimmung ihres Menschen. Ein Pferd spürt ob wir konzentriert bei der Sache, gut gelaunt, wütend oder ängstlich sind. Wenn das Pferd erschrickt und sein Mensch ruhig bleibt, kommt es sehr schnell wieder runter. Es wird meistens gar nicht erst losstürmen. Pferde regen sich schnell auf, aber sie beruhigen sich auch ebenso schnell wieder. Der Mensch zeigt ihm mit seinem Verhalten, „bleib ruhig, es besteht kein Grund sich aufzuregen“.

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Über Hilfe für Miranda

Wir helfen Miranda, einer ausrangierten Hannoveraner Zuchtstute. Wir sind eine kleine Gruppe Privatpersonen, die sich durch den Fall Miranda kennen lernten und eine Hilfsaktion daraus machten! Daraus ist 2015 der gemeinnützige Tierschutzverein "Tierhilfe Miranda e.V." geworden. Miranda bekam Freunde dazu und nun kümmern wir uns ausschließlich um alte und unvermittelbare Tiere. Mit unserem Blog wollen wir auch auf das Schicksal der Zuchtstuten aufmerksam machen. Denn sie landen fast alle beim Schlachter, sobald sie keinen Gewinn mehr bringen. Miranda steht stellvertretend für alle Zuchtstuten, denn auch ihr Weg war schon beschlossen. Mit 20 Jahren und nach zwei Totgeburten, sollte sie geschlachtet werden. Nur weil wir sie freikauften, einen Gnadenbrot-Platz für sie schafften, retteten wir ihr das Leben. Der Blog berichtet aktuell über Mirandas neues, artgerechtes Rentnerleben. Wir möchten niemanden anklagen oder verurteilen, wir möchten nachdenklich machen. Schön wäre ein Umdenken bei Züchtern und Reitern zu erreichen. Wir möchten auch Unterstützung finden. In Form von Mithilfe, Sachspenden und Spenden, damit wir Miranda ein wundervolles Leben ermöglichen können. Sie hat verdient, nach vielen Jahen als Gebärmaschine würdevoll und artgerecht behandelt zu werden. Wir möchten auch, dass jeder der nun weiß, was mit ausrangierten Zuchtstuten passiert, die Geschichte weiter erzählt. Dafür sagen wir DANKE!
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11 Antworten zu Feine Sinne

  1. wolke205 schreibt:

    Danke für diesen schönen Beitrag. Hast Du super erklärt. Und gehst ja selbst als gutes Beispiel voran – mit viel Ruhe, aber auch Konsequenz konnte Miranda lernen, dass sie Dir 100% vertrauen kann und Du niemals z.B. Gegenstände mit auf die Weide bringen würdest, die ihr schaden. Oder Du schaust Dir für sie einen gefährlichen Ort an und sie versteht, dass da eigentlich gar nix schreckliches ist 🙂

    Nehmen wir als Beispiel mal den Araber und was Reiter mit der „Kopf auf die Brust“ Methode anrichten. Der Araber ist ein Wüstenpferd – perfekt angepasst. Worauf wurde er spezialisiert? Gefahren frühzeitig erkennen, den Reiter warnen und sich selbst samt Reiter in Sicherheit bringen. Dazu muss er den Kopf höher tragen können, um weit zu schauen und zu hören. Was aber passiert mit einem Araber, der permanent durch s Genick gehen soll? Er wird unruhig, nervös bis hin zur Panik. Und was machen nun viele Reiter? Sie bestrafen den Araber dafür. Anstatt zu verstehen warum er so reagiert und ihm zu erlauben einfach zu schauen. Auch ruhig absteigen und dran vorbei führen wäre eine gute Alternative. Es gibt unzählige Beispiele dafür wie Menschen ihre Pferde für natürliches Verhalten bestrafen und es verschlimmern, anstatt zu versuchen das Pferd zu verstehen und ihm ruhig beizubringen, dass ihm keine Gefahr droht und es sich entspannen kann.

    Bitte mach weiter so. Ich hoffe viele Menschen nehmen sich daran ein Beispiel ❤

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Danke liebes Wölkchen! ❤
      Ja das war auch mein Anliegen. Pferde für ihr natürliches Verhalten zu bestrafen bringt überhaupt nichts. Mit Geduld und Einfühlungsvermögen kommt man viel weiter. Nur daraus kann eine richtig feste Bindung und gegenseitiges Vertrauen entstehen. Wenn man lernt, wie ein Pferd tickt, ist es gar nicht so schwer, die Welt mit Pferdeaugen zu sehen. 😀

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  2. Elisabeth Berger schreibt:

    Das ist ein sehr interessanter Bericht, liebe Susanne. Ein Pferdelaie wie ich erfährt da viel Neues.
    Es ist toll, daß du es mit viel Geduld und Liebe geschafft hast, daß Miranda so weit gekommen ist und dir vertraut. Könnte mir vorstellen, daß man zwischendurch auch mal enttäuscht ist, wenn es so lange dauert, bis ein besonders ängstliches und verstörtes Pferd langsam Vertrauen faßt.
    Schon entsetzlich, was Menschen einem Tier antun können, wie dieser Züchter mit seiner Gier!
    Dankesehr auch für die Nahaufnahmen von Miranda, sie sind wirklich schön❤️

    LG Elisabeth

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Liebe Elisabeth,
      nein ich war nie enttäuscht. Je öfter ich Miranda aus eine für sie unangenehme Situation rausholte, um so ruhiger wurde sie. Am Anfang musste ich mich überwinden, weil ein durchgehendes Pferd von ihrer Größe, das man dazu nicht lange kennt, sehr einschüchternd wirkt. Man kommt sich daneben sehr klein vor, kann ich Dir sagen.
      Die Pferde gehorchen mir jetzt ohne das ich ein Halfter drauf ziehen muss. Sie hören auf meine Stimme und Körpersprache. Sie lassen sich so von der Weide in den Stall holen. Das habe ich nur mit Geduld hin bekommen. Es dauerte am Anfang manchmal etwas länger. Ich habe dann eben länger gewartet aber nie aufgegeben. Auch kein Halfter und Führstrick zur Hilfe genommen. Es sollte ohne gehen und es hat immer funktioniert.
      LG Susanne

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      • Elisabeth Berger schreibt:

        ….mit dir ist der richtige Mensch am richtigen Platz, liebe Susanne❤️❤️❤️❤️❤️
        Sollte ich als Tier wiedergeboren werden, dann nimm‘ mich bitte unter deine Fittiche😘
        LG Elisabeth

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  3. Fellmonsterchen schreibt:

    Ich weiß noch, als ich da war, wie Du die Pferde gerufen hast und die beiden sofort ankamen, fast so wie Hunde. 🙂 Daran konnte man schon das Vertrauen und die Verbundenheit erkennen.

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Ja das machen sie! Ich freu mich so, dass Du das hier live erleben konntest! 😀 Ich finde Pferde bauen ein ähnliches Verhältnis zu ihrem Menschen auf wie Hunde. Sie vergessen auch keinen Menschen, der sie mal versorgt hat und den sie mögen. 😀
      LG Susanne

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  4. Isabella33 schreibt:

    Liebe Susanne,
    es ist ein besonders schöner, und auch lehrreicher Beitrag – Dankeschön!
    ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤
    Das mit den Arabern wusste ich zum Beispiel nicht.
    Ich bin sicher,
    dass leider die meissten Pferdehalter nicht genug ueber die Pferde informiert sind 😥
    Danke auch für die wunderbaren Fotos im Beitrag.
    Danke im Namen der Tiere, dass es Dich gibt!!!
    Liebe Grüße Heidi mit Isi

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  5. Paula schreibt:

    Danke für diesen Beitrag.Ich habe wieder was dazugelernt,was ich beherzigen werde wenn ich wieder mal Pferde streichle.
    Die Fotos sind wunderschön
    Auch was Wolke über Araber schreibt ist sehr interessant.
    Wie leichtfertig und ignorant sich doch der Mensch immer wieder über die Natur der Tiere hinwegsetzt.
    Zum Glück bist Du da ganz anders.
    Ich kann Heidis Kommentar nur zustimmen.
    Liebe Grüße Uwe

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Danke, lieber Uwe! ❤ Pferde werden oft nicht verstanden und müssen darunter leiden. Jeder Reiter sollte mehr Zeit mit seinem Pferd am Boden verbringen. Das festigt die Bindung und er lernt sein Pferd richtig kennen.
      LG Susanne

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