Fast Liebe ist es geworden, zwischen Miranda und Herrn Nielsson.

Nielsson ist seit gut einem Jahr auf dem Gnadenhof. Anfangs lief es leider nicht so gut, als er den plötzlich verstorbenen Bachus ersetzen sollte. Was sicherlich auch ein bisschen an der gesundheitlichen Verfassung des Wallachs lag.
Nielsson kam ziemlich krank zu uns. Er bekam sehr schlecht Luft, hustete, die Verdauung war arg gestört und er war zu dünn.

Nielsson stand vorher in einem Stall in Schleswig Holstein, der seinen Betrieb einstellte. Dort hatte man auch große Probleme, mit der Dürre in 2018. Wir blieben auch nicht davon verschont, konnten aber ausreichend gutes Heu für unsere Pferde beschaffen, auch wenn es verdammt teuer war.
Den Betreibern des Reitstalls war es wohl nicht möglich gewesen, ausreichend Heu für die Pferde einzukaufen. Sie verfütterten wenig Heu von schlechter Qualität und auf der Weide wuchs kein Gras. So versuchten sie den dünnen Wallach, mit viel Kraftfutter aufzufüttern. Das schädigte aber nur seinen Darm, es kam zu Problemen mit der Atmung und dem Stoffwechsel.
Unsere Aufgabe war es nun, den Wallach aufzubauen und seine Gesundheit wieder herzustellen. Wir hatten zum Glück ausreichend gutes Heu und auch auf der Weide war trotz Dürre, viel drauf.
Vorsichtig und langsam stellte ich Nielssons Ernährung um.

Als Miranda den Neuen erblickte, war sie sofort begeistert. Der blonde Kerl mit der schicken Walla-Walla-Mähne und den unendlich langen Wimpern, hatte es ihr von der ersten Minute an angetan. Ich merkte gleich, Miranda war verliebt!

Die Stute wollte nur noch zu dem Wallach, aber das ging noch nicht. Noch waren die Pferde durch einen Zaun getrennt. Sie bekamen ausreichend Zeit, sich erst einmal so in Ruhe kennenzulernen. Als das Gequietsche und mit den Vorderbeinen schlagen aufgehört hatte, ließen wir die Tiere zusammen.
Alles schien friedlich, doch was dann geschah, war nicht nur für Miranda ein großer Schock. Herr Nielsson ging heftig auf die Stute los! Er trat gezielt mit der Hinterhand und traf das überraschte Mädel mehrmals.

Damit hatte die Stute nicht gerechnet. Miranda wurde von dem ersten Angriff so überrascht, dass sie nicht mehr ausweichen konnte. Das alte Mädchen trug einige Blessuren davon und so ging es leider auch weiter. Herr Nielsson blieb ein ungezogener Rüpel, biss und schlug, ich hörte Miranda oft schreien.
Prellungen, aufgeplatzte Haut und Bisswunden zierten monatelang den Körper der Stute. Jeden Morgen war ich auf die nächste Überraschung gefasst.

Doch Nielsson wieder wegnehmen, konnten wir Miranda nicht. Denn sie blieb verliebt, war geradezu vernarrt in ihn. Miranda hatte keinerlei Angst vor dem ungehobelten Kerl. Obwohl er sie mehrfach verletzt hatte, suchte sie immer weiter vorsichtig den Kontakt und versuchte Nielsson sanft von sich zu überzeugen.

Es sah aus als würde sie sagen: „Schau mal, ich bin nett und mag dich. Sei bitte lieb zu mir“.
Doch Herr Nielsson blieb abweisend.

Drohte und biss, lief ständig mit angelegten Ohren herum.
Ballerte der Stute eine, wenn sie nicht aufpasste.

Miranda hatte mit der Zeit gelernt, schneller auszuweichen und bekam nicht mehr so viele Tritte und Bisse ab. Herr Nielsson drohte jetzt meistens nur noch. Es wurde ihm offensichtlich zu mühsam, die Stute immer zu verjagen, weil die wie Kaugummi an ihm klebte.
Miranda blieb stets freundlich, suchte vorsichtig den Kontakt und liebte es an dem Kerl zu schnuppern, wenn er es zuließ.

Nach und nach gab Nielsson seinen Widerstand auf und eines Tages sah ich die beiden zum ersten Mal, beim Dösen nebeneinander stehen.

Auf einmal ertrug Herr Nielsson die Stute in seiner Nähe.
Das Eis war gebrochen, als Miranda sich neben den schlafenden Nielsson legte.



Das war ein ereignisreiches Jahr. Die Eingewöhnung hat lange gedauert, war keine wirklich schöne aber doch sehr interessante Zeit. Ich habe viel über Pferdeverhalten lernen dürfen und bin sehr dankbar dafür.

Nach einem Jahr sind nun beide endlich guten Freunde geworden. Egal wo ich die Pferde sehe, im Stall, auf dem Paddock oder auf der Weide, stets sind sie im Doppelpack unterwegs.
Auch an engen und somit problematischen Stellen, können sie jetzt dicht nebeneinander stehen. Das wäre vor ein paar Monaten nie gegangen.

Die Pferde verstehen sich mittlerweile total gut und kuscheln sogar manchmal.

Unsere alten Pferde führen auf unserem Gnadenhof, ein artgerechtes und entspanntes Leben. Wir sind total glücklich über diese wunderbare Entwicklung!